Herr Prof. Dr. Storr, welchen Einfluss hat die Ernährung auf die Reizdarmsymptome?
Prof. Dr. Storr: Dabei sind zwei bedeutende Aspekte wichtig. Der eine ist: Reizdarmbeschwerden entstehen oft im Zusammenhang mit der Verdauung und die Verdauung beginnt immer dann, wenn ich esse. Das heißt, der Patient vermutet oftmals das einzelne Essen als Auslöser der Beschwerden, weil in diesem Zusammenhang die Beschwerden entstehen. Allerdings muss das Gegessene nicht unbedingt an den Symptomen Schuld sein. Allein dadurch, dass wir essen und so das Darmnervensystem zum Arbeiten anregen, können schon Beschwerden entstehen. Dann gibt es einen zweiten wesentlichen Aspekt: Natürlich können auch Lebensmittel Beschwerden verursachen. Die Ursachen hierfür können sehr spezifisch sein. Da sprechen wir dann von echten Intoleranzen: Laktoseintoleranz, Fruktoseintoleranz, Histaminintoleranz und ähnliche. Wenn die Beschwerden aber eher unspezifisch sind, reden wir von unspezifischen Intoleranzen und die fallen dann tatsächlich in das Reizdarmspektrum.
Inwieweit kann sich die Symptomatik durch die passende Ernährung verbessern?
Prof. Dr. Storr: Die Ernährung ist oftmals ein Mitauslöser der Beschwerden und darum wollen wir ganz genau verstehen, welcher Aspekt der Nahrungsaufnahme die Beschwerden auslöst. Ist es das alleinige Erkennen von Lebensmitteln, die Situation des Essens, das Anschmeißen des Nervensystems oder sind es tatsächlich verschiedene Lebensmittel oder Lebensmittelbestandteile? Bei diesem Erkennen hilft oftmals ein Ernährungs-Symptom-Tagebuch, in dem man auch Emotionalität und Situation aufschreibt. Das ist wichtig, damit der Arzt die Situationen versteht. Wenn wir die Ernährung selbst als Auslöser vermuten, dann ist beim Reizdarmsyndrom auch sehr hilfreich, eine pauschale Reizdarmdiät auszuprobieren. Das ist bei Reizdarmbeschwerden die FODMAP-reduzierte Low-FODMAP-Diät.
Wie sieht eine reizdarmfreundliche Ernährung aus?
Prof. Dr. Storr: Eine reizdarmfreundliche Ernährung sieht bei jedem Patienten ein bisschen anders aus, weil sie individuell auf die Situationen eingeht. Wie entstehen beim Patienten tatsächlich Beschwerden, in welchen Situationen sind diese wie stark ausgeprägt und ist erkennbar, was die auslösenden Situationen und auslösenden Trigger-Lebensmittel sind? Wenn man das erkennt, dann ist es sehr einfach, die Reizdarmernährung umzusetzen. Wenn man diese Auslöser nicht gut erkennt, ist es hilfreich, mit ganz einfachen Ernährungsempfehlungen zu beginnen. Diese lauten: Meide Blähendes, meide Rohkost, meide Smoothies und schwer verdauliche Lebensmittel. Nur wenn das nicht funktioniert, wird man ernährungsmäßig eine Stufe weiter nach oben gehen. Zum Beispiel in die Reizdarmdiät, die Low-FODMAP-Diät.
Was genau bedeutet Low-FODMAP-Diät?
Prof. Dr. Storr: Die Low-FODMAP-Diät ist eine Pauschaldiät für Patienten mit Reizdarmsyndrom oder Verdauungsbeschwerden. FODMAP ist dabei ein Akronym, also ein Kunstwort. Es setzt sich aus fermentierbaren Oligosacchariden, Di- und Monosacchariden und (Anm.: englisch: and) Polyolen zusammen. Das sind alles verschiedene Zuckerketten oder Zuckeralkohole, die Beschwerden verursachen können. Genauer gesagt sind diese kurzkettigen Zuckerketten und Zuckeralkohole diejenigen Zucker, die unsere Darmflora bestellen würde – also das „Happy Meal“ für unsere Darmflora. Und wenn die Darmflora ein solches Happy Meal bestellt, dann fängt sie an zu fermentieren. Bei der Fermentierung entstehen Blähgase, welche wiederum Beschwerden verursachen und zu Stuhltexturveränderungen führen. FODMAP-reiche Lebensmittel sind beschwerdeauslösend und FODMAP-arme Lebensmittel eben beschwerdereduzierend – so wurde die Low-FODMAP-Diät erfunden.
Wie setzt man diese Ernährung um und wie lange führt man sie durch?
Prof. Dr. Storr: Das Umsetzen der Low-FODMAP-Diät ist denkbar einfach. Idealerweise nimmt man sich ein Buch und informiert sich über die Grundprinzipien der Ernährung. Das sind Listen mit roten und grünen Lebensmitteln – rot heißt meiden und grün heißt betonen. Im Prinzip kann man das schon anhand dieser Lebensmitteltabellen machen, es ist aber besser, wenn man vorher ein Buch liest, da es dabei einige Tricks gibt. Zum Beispiel kann ein Tee FODMAP-arm sein, wenn der Teebeutel kurz gezogen hat. Er ist aber auch FODMAP-reich, wenn der Beutel lange in dem heißen Teewasser hängt. Derartige Fälle spiegeln die Tabellen allein nicht wieder, das heißt, da müsste man tatsächlich ein Ratgeber-Buch lesen. Aber im Prinzip ernährt man sich nach den roten und grünen Tabellen. Das macht man mal ganz streng, vier, besser sechs Wochen. Nach sechs Wochen hat man erlernt: Wie fühlt sich mein Bauch an, wenn ich mich besonders reizdarmfreundlich ernähre. Wenn ich das gelernt habe, kann ich für mich nach sechs Wochen dann entscheiden: “Ach ich mach einfach so weiter, weil das jetzt so schön ist” oder man entdeckt in den roten Tabellen ein paar Dinge, die einem besonders wichtig sind. In den roten Tabellen steht zum Beispiel der Apfel und manche Menschen sagen: “Ich möchte unbedingt einen Apfel essen.” Dann geht man ganz pragmatisch vor und fängt an, langsam kleine Mengen Apfel zu essen, erst ein Viertel Apfel, einen Tag später einen halben, dann mal einen ganzen Apfel. Mit diesem schrittweise Wiedereinführen erlernt man, wie viel Apfel man verträgt. Das kann beim einen ein Viertel Apfel sein und beim anderen kann es ein ganzer Apfel sein. Das muss man selbst herausfinden und zwar für all die Lebensmittel auf den roten Listen, die einem wichtig sind.
Welche Faktoren sind neben der Ernährung bei der Reizdarmtherapie noch wichtig?
Prof. Dr. Storr: Wer seine Darmgesundheit unterstützen und die Darmbarriere stärken möchte, sollte grundsätzlich darauf achten, das wichtige Organ mit individuell verträglicher Kost sowie einer ballaststoffreichen Ernährung zu unterstützen und schädliche Einflüsse wie Alkohol, Antibiotika, Toxine oder unverträgliche Lebensmittel weitestgehend zu meiden. Daneben können auch pflanzliche Mittel wie beispielsweise Präparate mit Myrrhe wie MYRRHINIL-INTEST® helfen, wenn Durchfall, Krämpfe und Blähungen unseren Darm plagen. In einer aktuellen Studie wurde zudem gezeigt, dass Myrrhe die Darmbarriere stabilisieren kann und so zur Darmgesundheit beiträgt.
Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Storr für das informative und spannende Interview.
Prof. Dr. Storr: Ich bedanke mich für das Gespräch und Ihr Interesse.
Über Professor Dr. Martin Storr:
Professor Dr. Martin Storr ist als Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie im Zentrum für Endoskopie in Starnberg bei München tätig und lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
Sein Schwerpunkt liegt auf der Behandlung von funktionellen und entzündlichen Magen- und Darmerkrankungen.
In diesem Zusammenhang behandelt er vor allem Patienten mit einem Reizdarmsyndrom, Reizmagen, Sodbrennen, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Zöliakie und anderen Verdauungskrankheiten.
Darüber hinaus ist er Autor zahlreicher Ratgeber zu den Themen Reizdarm und Darmgesundheit.
Das Videointerview mit Professor Dr. Storr wurde in Kooperation mit EatSmarter und MYRRHINIL-INTEST® erstellt.
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