Darmhypnose: wie sie funktioniert und wem sie helfen kann

Reizdarm-Kompass
Immer mehr hört man von „Darmhypnose“ oder „Bauchhypnose“ zur Linderung von Verdauungsbeschwerden in Zusammenhang mit dem Reizdarm-Syndrom. Doch wie funktioniert eine Darmhypnose? Wann ist sie sinnvoll? Wer kann sie durchführen? Braucht es überhaupt eine:n Behandler:in? Und wie hilfreich ist die Darmhypnose tatsächlich für Betroffene?  Außerdem geben wir Ihnen Tipps wie Sie eine:n geeignete:n Therapeut:in finden können oder wie Sie selbst die Darmhypnose für sich auch zu Hause durchführen können. Erfahren Sie zudem mehr über die Erstattungsfähigkeit der Darmhypnose in diesem Beitrag. 
Eine Therapeutin führt eine Darmhypnose bei einer Patientin durch.

Was versteht man unter Darmhypnose oder Bauchhypnose? 

Darmhypnose oder auch Bauchhypnose genannt, ist eine Therapieform, die bei Reizdarmsyndrom mehr und mehr angewendet wird. Sie ist eine einzigartige Therapie und kann die Kommunikation zwischen dem Darm und dem Gehirn verbessern und die Beschwerden dauerhaft lindern, wenn sie konsequent und regelmäßig angewendet wird. Behandelt wird dabei der sonst normale Informationsstrom der Nervenbahnen zwischen Verdauungsorganen und Gehirn (sog. „Darm-Hirn-Achse“) der bei den Betroffenen nicht einwandfrei funktioniert. Mit der Darmhypnose soll wieder ein harmonisches und störungsfreies Gleichgewicht der Informationsströme zwischen Darm und Gehirn hergestellt werden, um somit die Beschwerden zu reduzieren.

„Die Darmhypnose ist eine seriöse und wissenschaftlich bestätigte Methode, die laut Therapie-Leitlinie zur Reizdarm Basistherapie gehört und die nicht nur von gastroenterologischen Fachgesellschaften gerade bei Patientinnen und Patienten mit diagnostiziertem Reizdarm-Syndrom empfohlen wird“, so Prof. Dr. Martin Storr, Gastroenterologe am Internistenzentrum Gauting und Starnberg.
 

Für wen und bei welchen Beschwerden ist die Darmhypnose sinnvoll?

Darmhypnose ist sinnvoll, wenn Sie unter typischen Symptomen des Reizdarmsyndroms wie Bauchschmerzen, Krämpfe, Durchfall oder Verstopfung sowie Blähungen oder Völlegefühl leiden. Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Stress, Ernährung, Infektionen oder psychische Faktoren. Bevor man die Darmhypnose als Therapieoption in Betracht zieht, müssen jedoch andere Erkrankungen, die ebenfalls Verdauungsstörungen hervorrufen können, zwingend ausgeschlossen und die medizinische Diagnose „Reizdarm-Syndrom“ gestellt werden. 

„Die Darmhypnose kann gerade bei Reizdarm-Beschwerden helfen, die Ursachen zu erkennen und dauerhaft zu verändern“, sagt Prof. Dr. Martin Storr. Sie kann darüber hinaus auch die Wirkung anderer Behandlungsmaßnahmen verstärken, wie Medikamente, Ernährungsumstellung oder Probiotika. Daher ist die Darmhypnose in der Regel eine Therapieform in Kombination mit anderen Behandlungsmaßnahmen und zählt neben der Ernährungsumstellung nach FODMAP zu den üblichen Therapiemaßnahmen.
 

Wie funktioniert die Darmhypnose und wie wird sie durchgeführt?

Ähnlich wie eine normale Hypnose funktioniert auch die Bauchhypnose. Zuerst wird man in einen tiefen Entspannungszustand geführt, um das Unterbewusstsein dabei einzubeziehen. Dieser entspannte Zustand, auch häufig als Trance bekannt, kann sehr tief sein, ähnlich der Phase kurz vor dem Einschlafen. In der weiteren Hypnose wird der oder die Betroffene von einer Therapeutin oder einem Therapeuten durch gezielte Worte zum Darm gelenkt, um in den Körper hineinzuspüren und positive Botschaften an den Darm zu senden und diese unterbewusst zu manifestieren. Dabei können auch Bilder oder ein gutes Gefühl aufkommen. Durch diese „Umprogrammierung“ zu positiver Wahrnehmung können negative Gedanken und Gefühle reduziert werden. Durch die Tiefenentspannung haben positive Informationen einen nachhaltigen Effekt bei den Betroffenen.

Die Darmhypnose kann als Einzeltherapie von speziell ausgebildeten Hypnose-Therapeut:innen im Rahmen einer Psychotherapie durchgeführt werden. Dabei erfolgt vor der eigentlichen Hypnosetherapie ein Beratungs- und Anamnesegespräch. In diesem Gespräch sprechen Sie mit Ihrem Therapeut oder Ihrer Therapeutin über Ihre Beschwerden, wie sich diese auswirken oder wann und wie oft Sie darunter leiden. Damit der / die Behandler:in ein möglichst genaues Bild über die Beschwerden erhält, werden oftmals zusätzlich relevante Aspekte wie z. B. besondere oder traumatische Ereignisse in der Vergangenheit, familiäre Situationen, Schicksalsschläge o. ä. besprochen. Man sollte keine falsche Scham haben und mit seinem Hypnose-Therapeuten oder –Therapeutin offen über alles sprechen. Nur so kann die Darmhypnose gezielt und individuell durchgeführt werden, um eine ganzheitliche Wirkung zu erzielen. 
 

Wie viele Sitzungen sind bei der Darmhypnose notwendig?

Die Häufigkeit und Dauer der Darmhypnose hängt von Ihrem individuellen Bedarf und auch von dem Behandler / der Behandlerin ab, wie sie die Hypnose gestalten und welche Form angewendet wird. Häufig werden zwischen 4 bis 12 Sitzungen empfohlen, die jeweils etwa eine Stunde dauern.

Lassen Sie sich im Vorfeld auch beraten, ob die angebotene Hypnose-Form sich für Sie „richtig“ anfühlt.

Wie sind die Erfolgschancen durch eine Darmhypnose die Reizdarm-Beschwerden langfristig zu lindern?

Die Erfolgsaussichten der Therapie sind hoch. Studien haben gezeigt, dass Darmhypnose die Symptome des Reizdarmsyndroms deutlich verbessern kann und die Wirkung auch langfristig anhält. Ein weiterer Vorteil der Therapie ist, dass sie keinerlei Nebenwirkungen oder Risiken mit sich bringt, solange sie von einem / einer qualifizierten Therapeut:in durchgeführt wird. Einige Betroffene verspüren bereits nach den ersten Hypnose-Sitzungen deutliche Beschwerdelinderung und positive Veränderungen im Alltag.

Wie viel kostet eine Darmhypnose-Therapie und werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen?

Je nach Anzahl und Dauer der Therapiesitzungen richten sich die Kosten der Darmhypnose nach dem Angebot des Behandlers oder der Behandlerin. Informieren Sie sich vorab, welcher Therapeut oder welche Therapeutin für Sie in Frage kommt und wie die Kosten abgerechnet werden. Die meisten Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht, manche gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten der Darmhypnose teilweise. Informieren Sie sich daher am besten vorab über die Möglichkeiten der Kostenübernahme bei Ihrer Krankenversicherung. Aus diesen Gründen hat sich die Darmhypnose in Selbstanwendung, die in klinischen Studien Kurz- und Langzeitergebnisse zeigt, als hilfreich erwiesen. 

Übrigens auch interessant: lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie nicht erstattungsfähige medizinische oder therapeutische Behandlungskosten im Rahmen Ihrer jährlichen Steuererklärung geltend machen können.

Kann ich eine Darmhypnose auch zu Hause durchführen?

Es gibt inzwischen Möglichkeiten, die echte Darmhypnose nach dem medizinisch etablierten Manchester-Protokoll zu Hause und in Ruhe für sich durchzuführen, weil die Therapeuten geführte Darmhypnose in der Regel nicht von den Krankenkassen übernommen wird oder auch nicht der / die passende Hypnosetherapeut oder -therapeutin in der Nähe des Wohnorts verfügbar ist. Bei der Darmhypnose in Selbstbehandlung kommen spezielle, fachlich fundierte Darmhypnose-Audio-CDs oder Darmhypnose Audio-Downloads als Selbstanwendung zum Einsatz, die sowohl die Anleitungen sowie Übungen zur Darmhypnose bieten. Sie sollten aber vorher das fachliche Booklet lesen, das Ihnen die Grundlagen der Darmhypnose erklärt und Sie anleitet, wie Sie die Übungen zu Hause und in Ruhe richtig durchführen. Die Darmhypnose durch CDs oder als Audio-Download sind daher und ein verbreiteter Therapieansatz. Sie ersetzen jedoch nicht das Gespräch mit Ihrem behandelnden Therapeuten oder Ihrer Therapeutin.

Welche Therapeut:innen bieten die Darmhypnose an und wo finde ich seriöse Hypnose-Praxen?

Eine echte Darmhypnose darf ausschließlich von speziell ausgebildeten Therapeut:innen durchgeführt werden, die über eine Qualifikation in Hypnotherapie bzw. therapeutischer Hypnose verfügen. Dies sind in der Regel psychologische Psychotherapeut:innen, Ärzte / Ärztinnen oder Heilpraktiker:innen, welchen es mit einer speziellen Hypnose-Qualifikation gestattet ist, therapeutische Behandlungen überhaupt durchzuführen. „Coaches“ oder „Berater:innen“, wie sie häufiger im Internet zu finden sind, verfügen nicht über eine entsprechende therapeutische Behandlungserlaubnis – auch wenn sie ggf. eine Hypnose-Ausbildung haben.

Sofern Sie nicht die Darmhypnose in Heimanwendung wählen, achten Sie daher darauf, dass der Therapeut oder die Therapeutin eine Zertifizierung von einer anerkannten Organisation hat, wie zum Beispiel der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie (DGH) oder der Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose (MEG).

Sie finden geeignete Therapeuten, die eine Darmhypnose durchführen, indem Sie nach “Darmhypnose Therapeuten“ suchen. Außerdem bieten folgende Links entsprechend gelistete Therapeut:innen:

Vielleicht ist die Darmhypnose auch für Ihre Reizdarm-Beschwerden eine sinnvolle Therapieoption. Wir hoffen Ihnen mit diesem Beitrag weitere wichtige Informationen an die Hand geben zu können. 

Weitere interessante Informationen und Tipps im Alltag und der Therapie rund um das Thema Reizdarmsyndrom, finden Sie in unserem umfangreichen Reizdarm-Kompass.

Über Professor Dr. Martin Storr

Professor Dr. Martin Storr ist als Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie im Zentrum für Endoskopie in Starnberg bei München tätig und lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Sein Schwerpunkt liegt auf der Behandlung von funktionellen und entzündlichen Magen- und Darmerkrankungen.

In diesem Zusammenhang behandelt er vor allem Patienten mit einem Reizdarmsyndrom, Reizmagen, Sodbrennen, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Zöliakie und anderen Verdauungskrankheiten.

Darüber hinaus ist er Autor zahlreicher Ratgeber zu den Themen Reizdarm und Darmgesundheit.