Einige Erfahrungsberichte von Menschen, die mit dem Reizdarmsyndrom leben, haben wir Ihnen nachfolgend zusammengestellt. Sie berichten ganz persönlich, wie der Weg zur Diagnose „Reizdarm“ für sie war, wie sie mit den Beschwerden umgehen und ganz eigene Tipps haben ihre Symptome zu lindern, um somit ihren Alltag bestmöglich zu meistern. Mit diesen persönlichen Erfahrungsberichten von Betroffenen möchten wir Sie dabei unterstützen, Ihre Krankheit besser zu verstehen, zu akzeptieren und möglichst gut damit zu leben. Wir freuen uns, wenn diese Erfahrungsberichte anderen Menschen helfen, Mut machen und dabei weitere unterstützende Perspektiven geben, wie man mit dem Reizdarmsyndrom umgehen und leben kann. Denn gemeinsam ist man weniger allein.

Wir bedanken uns herzlich bei allen Patient:innen für die ausführliche Beschreibung ihrer einfühlsamen und hilfreichen Geschichten, die wir hier veröffentlichen durften.

Wenn auch Sie in diesem Rahmen Ihre persönliche Geschichte erzählen möchten – natürlich auch anonym möglich –, um so anderen RDS-Patient:innen mit Ihren Erfahrungen zu helfen, dann freuen wir uns über eine Nachricht an rds-kompass@repha.de.

Silke, 39 Jahre

„Meine große Hoffnung ist die Forschung“

Ich heiße Silke, bin 39 Jahre alt und Single. Gelernt habe ich Hauswirtschafterin, bin aber mittlerweile in Erwerbsminderungsrente. 

Mein Reizdarm hat sich im Laufe der Jahre verändert 

Die erste Veränderung meines Darms bemerkte ich mit 16 Jahren. Damals war ich drei Tage auf einem Musikfestival und musste dann öfter als sonst auf die Toilette. Mehr war erstmal nicht, auch bis dahin war mir nie etwas aufgefallen. Kurze Zeit später schlich es sich so langsam ein, dass etwas nicht stimmte. Ich musste länger und öfter auf die Toilette und der Stuhlgang war öfter weich oder flüssig. Damals hatte ich eine sehr schwere Zeit und war außerdem suchtkrank. 

Richtig schlimm wurde es dann mit 21 Jahren, als ich eine Ausbildung begann. Es kamen dann auch noch Schmerzen hinzu, meistens im rechten Unterbauch, die bis heute anhalten. Ich ging damals zum ersten Mal zum Arzt, was mir als junge Frau natürlich sehr peinlich war. Damals war das Reizdarmsyndrom noch nicht so bekannt und ich fühlte mich von den Ärzten/Ärztinnen nicht ernst genommen. Lange Zeit kannte ich meine Diagnose nicht wirklich, bis ich es in Medizinbüchern in der Bibliothek selbst nachgelesen habe. Mein Reizdarm veränderte sich auch im Laufe der Jahre. Heute habe ich im Gegensatz zu früher eher Verstopfung und Blähungen

Psychische Probleme kamen hinzu 

Sämtliche Tests in all den Jahren auf der Suche nach der Ursache meiner Beschwerden waren ergebnislos. Zudem kamen immer mehr psychische Probleme wie Depressionen oder Panikattacken hinzu. Ich denke, dass bei mir alles irgendwie zusammenhängt, denn es zermürbt einen, wenn es einem so lange schlecht geht und niemand eine Ursache findet.

Ich konnte nichts finden, was meine Beschwerden dauerhaft lindert 

Ich habe an Therapien sehr viel ausprobiert: Probiotika, Präbiotika, Arzneimittel gegen Durchfall, gegen Verstopfung und gegen Krämpfe, zwei Stuhltransplantationen, Akupunktur, verschiedene Ernährungsumstellungen und Entspannungsverfahren. Leider konnte nichts davon meine Beschwerden dauerhaft lindern. Anfangs hatte ich oft das Gefühl, dass es besser wird, aber dieser Zustand hielt leider nie lange an. Mein letzter „Versuch“ war die Low-FODMAP-Diät. Ich habe das Gefühl, dass es seitdem etwas besser ist. 

Ich musste mein Leben dem Reizdarm anpassen

Ich musste mein Leben leider auf die Erkrankung ausrichten. Ich suchte mir immer Jobs, die nicht so früh morgens begannen, denn dann waren meine Beschwerden meist am schlimmsten. Auch ein kurzer Weg zur Arbeit ist wichtig, damit ich mich nicht länger ohne Toilette in der Bahn aufhalten muss. 

Ich bin jetzt in Erwerbsminderungsrente und schon sehr lange alleinstehend, da ich Probleme damit habe, jemanden wirklich nah an mich heranzulassen. Denn es ist mir peinlich, dass ich oft und lange zur Toilette muss, keine spontanen Ausflüge machen oder Orte besuchen kann, an denen es keine Toilette gibt. 

Meine große Hoffnung ist die Forschung 

Aktuell absolviere ich eine Weiterbildung als Genesungsbegleiter, mit der als selbst Erkrankte anderen Menschen helfen kann. Für die Zukunft wünsche ich mir einen Minijob in der Genesungsbegleitung und dass ich in einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt wohnen kann, um weniger allein zu sein. Meine große Hoffnung liegt in der Forschung. Ich informiere mich oft über neue Therapiemöglichkeiten und hoffe, dass es bald neue Erkenntnisse und weitere Behandlungsmöglichkeiten geben wird. Ich werde auf jeden Fall nicht aufhören, immer wieder Neues auszuprobieren

Meine persönlichen Tipps für RDS-Patienten

  • Gib die Hoffnung nicht auf, probiere immer wieder neue Behandlungsmöglichkeiten aus. 
  • Akzeptiere den Reizdarm als Teil Deines Lebens und passe Deine Lebensweise darauf an. 
  • Der Austausch mit anderen Betroffenen hilft, sich weniger allein zu fühlen.

Juni 2023

Reizdarm-Patientin, 41 Jahre

„Ich tue was mir Spaß macht – trotz Reizdarm“

Ich bin 41 Jahre alt, als Einkaufsleiterin tätig, lebe in einer Partnerschaft, zweitweise mit zwei Kindern. 

Alles begann mit einer Lamblien-Infektion

Meine Darmprobleme begannen im Alter von 25 Jahren mit einer Lamblien-Infektion nach einer Asienreise. Etwa 1-2 Stunden nach einer Mahlzeit litt ich unter Darmkrämpfen, lauten Geräuschen und starken Blähungen. Dann folgte irgendwann dringender Stuhlgang mit Durchfall, bis sich der Darm gefühlt komplett entleert hatte. Nach diesen Attacken war der Darm dann höchst gereizt und vertrug nur noch Kartoffeln, Reis, Haferschleim – also sehr leicht bekömmliche Speisen. Nach 2-3 Tagen beruhigte sich der Darm dann meist wieder. Verbunden mit den Durchfällen waren stark negative Empfindungen und ein Gefühl der Hilflosigkeit. Es folgten zahlreiche Untersuchungen, u.a. Darm- und Magenspiegelungen, alle ohne wirklichen Befund. Eine Fruktose- und Histaminintoleranz konnte festgestellt werden, jedoch hörten mit dem Weglassen dieser Lebensmittel die Probleme nicht auf. Alle weiteren Befunde (Allergietests, Blutbild) waren unauffällig. Ich habe mir damals sehr eine handfeste Diagnose gewünscht. Meine Hausärztin meinte, dass ich eventuell unter einer Essstörung leiden würde und die Darmprobleme nur psychisch bedingt seien. 

Eine ganzheitliche Betrachtung des Reizdarms ist sinnvoll 

Ich empfehle anderen Betroffenen, wenn alle körperlichen Ursachen ausgeschlossen werden konnten, einen Arzt und/oder Alternativmediziner aufzusuchen, der ganzheitlich arbeitet. Die ganzheitliche Betrachtung ist bei einem Reizdarm sehr hilfreich und wichtig. Ich habe sehr viele verschiedene Therapien und Ärzte ausprobiert. Geholfen hat mir die Low-FODMAP-Diät und der Gang zum Heilpraktiker. Der Heilpraktiker hat meinen Befall mit Candida und Clostridien behandelt und meine Darmflora aufgebaut. Die Krämpfe und Durchfälle sind dadurch seltener aufgetreten, aber nicht verschwunden. Derzeit bin ich parallel noch bei einer TCM-Ärztin in Behandlung und die Akupunktur hilft sehr gut, meinen Darm zu entspannen, vor allem in akuten Phasen. Ich versuche mir mehr Zeit zu nehmen für Meditation, Spaziergänge in der Natur und generell Zeit für mich

In akuten Phasen warm essen und trinken 

Ich lasse regelmäßig meine Darmflora untersuchen und nehme entsprechend abgestimmte Probiotika ein. Ich koche viel selbst und esse so gut wie keine industriell verarbeiteten Lebensmittel.In akuten Phasen hilft mir ein Durchfallmittel und das warme Essen und Trinken. Kalte Speisen und Getränke vertrag ich dann sehr schlecht. Außerdem trinke ich nichts während dem Essen, da die Kombination von fest und flüssig bei mir oft Krämpfe und Durchfall auslöst. Auch klare Suppen mit Einlage vertrage ich daher nicht gut. Die Bioresonanztherapie und Medikamente für chronisch-entzündliche Darmentzündungen habe ich ausprobiert – aber leider ohne Erfolg. Eine Hypnose- und Psychotherapie hat mir dabei geholfen, generell besser mit schwierigen (Darm-) Situation umgehen zu können, hatte jedoch kaum einen Einfluss auf meinen Reizdarm.

Lange Zeit war es mir auch unangenehm, bei Geschäftsessen mitzuteilen, dass ich viele Lebensmittel nicht konsumieren kann. Mittlerweile lasse ich es meine Geschäftspartner aber immer schon im Vorfeld wissen. Ich bin dann entspannter, wenn mein Gegenüber Bescheid weiß. Die meisten Menschen reagieren sehr verständnisvoll und positiv.

Seit zwei Monaten habe ich wieder sehr starke Darmprobleme und versuche gerade zu analysieren, woher diese rühren. Nach Corona sind die Zeiten sehr viel schnelllebiger geworden und ich bin wieder mehr auf Geschäftsreisen, bei privaten Feiern etc. Ich denke, dies hat mich und meinen Körper ins Ungleichgewicht gebracht. Da hilft mir die Chinesische Akupunktur gerade sehr sowie speziell auf meine Darmflora abgestimmte Probiotika (+ Präbiotika). 

Tue, was Dir Spaß macht

Ich liebe es zu reisen und lasse mich durch meine Darmprobleme davon nicht abhalten. Es erfordert immer etwas mehr Planung im Voraus, was anstrengend sein kann. Zum Beispiel nehme ich mir für längere Flüge mein warmes Essen (meist Reis mit Gemüse) in einem Thermobehälter mit. Ich habe immer eine Thermosflasche dabei, sodass ich jederzeit warmes Wasser und Tee trinken kann. Darüber hinaus packe ich meist noch Reis/Maiswaffeln und glutenfreies Brot, Haferflocken und weitere Snacks ein. 

Es ist wichtig, die Dinge zu tun, die einem Spaß machen! Bei mir ist es das Reisen, was mit einem Reizdarm auf den ersten Blick erstmal schwierig erscheinen mag. Ich habe jedoch festgestellt, dass es mir auf Reisen oft besser geht als zu Hause. Vielleicht weil man so viele neue Eindrücke erhält und der Körper und Kopf auch einfach etwas abgelenkt wird. Ich rate allen, nicht aufzugeben, immer wieder etwas Neues auszuprobieren und so herauszufinden, was einem am besten hilft. Es ist aber auch wichtig, sich nicht verrückt zu machen – was mir selbst auch nicht immer leichtfällt.

Meine persönlichen Tipps für RDS-Patienten

  • Eine ganzheitliche Betrachtung des Reizdarm ist sinnvoll.
  • Akupunktur kann dazu beitragen, den Darm zu entspannen.
  • In akuten Phasen hilft es mir, warm zu essen und zu trinken.
  • Tue, was Dir Spaß macht - lass Dich von Deinem Reizdarm nicht davon abhalten.
  • Eine Psychotherapie kann helfen, besser mit schwierigen Situationen umzugehen. 

Juni 2023

Stefanie, 39 Jahre

„Traumberuf trotz Reizdarm“

Mein Name ist Stefanie, ich bin 39 Jahre alt, verheiratet und habe einen vierjährigen Sohn. Ich arbeite in einem Minijob im Homeoffice und habe vor kurzem ein Fernstudium angefangen. Meine Verdauungsprobleme begleiten mich schon fast mein ganzes Leben. Ich konnte gefühlt nie so leben wie die anderen und einfach tun und lassen, was ich wollte. 

Am Anfang war es „nur“ eine Magen-Darm-Grippe

Mit neun Jahren hatte ich im Familien-Urlaub eine schlimme Magen-Darm-Grippe. Diese ging gefühlt, nie wieder weg. Im Gegenteil, es wurde von Jahr zu Jahrzehnt schlimmer. Vielleicht war es „nur“ eine verschleppte Darmgrippe, die chronisch geworden ist? Von Beginn an stand mir meine Mama zur Seite: Sie wusste von jedem Krampfanfall, von jedem Stuhlgang und jeder unangenehmen Situation. Sie war, als ich noch klein war, oft genug dabei und genauso verzweifelt wie ich. Mein Hauptproblem waren und sind die Krämpfe, mal mehr, mal weniger heftig, mal häufiger, mal seltener, dann hilft nur der Weg auf die Toilette. Auch mein Stuhlgang ist dann noch mit heftigen Schmerzen verbunden, danach wird es dann langsam besser. Meine Mutter rannte mit mir von Arzt zu Arzt, meist Internisten, bis dann mit 16 oder 17 Jahren erstmals der Begriff Reizdarm auftauchte. 

Meine Beschwerden wurden als psychosomatisch abgetan

In den ersten 15 Jahren hatte ich nie das Gefühl, von den Ärzten ernst genommen zu werden. Man gab mir den Stempel -Psychosomatik- und fertig. Nach einem sechswöchigem Kur-Aufenthalt wegen meiner Angst, rauszugehen, einer Tiefen- und einer Verhaltenstherapie, Verzicht auf verschiedene Lebensmittel, etlichen Gesprächen und Untersuchungen (Darmspieglung, MRT, Sonografie, Bluttest, Unverträglichkeitstests etc.), bin ich nach wie vor sehr eingeschränkt. Bis heute habe ich den Reizdarm nicht wirklich unter Kontrolle. Ich habe sehr viel ausprobiert, untersuchen lassen und greife eigentlich nach jedem Strohhalm. Aber oft sind hoffnungsvolle neue „Strohhalme“ auch problematisch, da sie auch „nach hinten losgehen“ können. Das Ausprobieren neuer Medikamente lege ich nach Möglichkeit in die Urlaubszeit meines Mannes, da es im schlimmsten Fall auch zu einer Verschlechterung führen kann. 

Wenn die Krämpfe losgehen, hilft nur ein Toilettenbesuch  

Bei einer Untersuchung stellte man eine leichte Weizenunverträglichkeit fest. Der Verzicht auf Weizen hat mir tatsächlich auch ein halbes Jahr geholfen, aber dann war leider alles wieder wie vorher. Ich habe Ernährungstagebuch geführt, viele Ernährungstherapien hinter mir, aber bisher hat nichts dauerhaft eine Verbesserung gebracht. Krampflösende Arzneimittel oder Schmerzmittel bringen mich nicht weiter. Wenn die Krämpfe losgehen, hilft meist nur ein Toilettenbesuch, damit es besser wird. In Zeiten, in denen ich mir keine Schmerzen erlauben kann, nehme ich vorübergehend Medikamente, die meinen Stuhlgang hemmen. Aber das ist natürlich keine Dauerlösung, nach dem Absetzen wird es dann oft richtig schlimm, aber manchmal geht es eben nicht anders. 

Das Fahrradfahren bedeutet für mich ein Stück Freiheit

Ein großes Problem war und ist für mich das Busfahren, da keine Toilette verfügbar ist. Meine Lösung: Ich habe das Fahrradfahren für mich entdeckt. Eigentlich fahre ich fast überall hin und auch bei jedem Wetter, ich habe dadurch ein kleines Stück Freiheit für mich gewonnen - und neue Selbstbestimmtheit! Dann kam unser Sohn zur Welt - und trotz purem Glück hatte ich auch viel Angst. Was mache ich, wenn ich auf die Toilette muss und der Kleine auf dem Sofa schläft? Wo gehe ich auf die Toilette, wenn ich auf dem Spielplatz bin? Inzwischen hat sich alles irgendwie eingependelt, im besten Fall bringe ich den Kleinen zur Kita (natürlich mit dem Fahrrad), ich treffe mich gerne mit Freundinnen im Café (natürlich lieber um die Ecke). Wenn irgendein Event ansteht, dann bereite ich mich schon Tage vorher darauf vor, z.B. nehme ich Durchfallhemmer (was leider auch nur noch bedingt wirkt, aber oft den Placebo-Effekt stützt). Ich meide Orte ohne Toilette und bin logischerweise viel zu Hause, aber ich mag mein zu Hause und habe zum Glück viele Hobbys. Mein Mann hat mich von Anfang an genauso akzeptiert wie ich bin. Wir verreisen nicht und sind mehr zu Hause als andere, aber das stört ihn nicht. 

Ich werde trotzdem (m)einen Traumberuf lernen und Dank der heutigen Möglichkeiten kann ich all das im Homeoffice machen. Ich werde schreiben und den Menschen vom Reizdarmsyndrom erzählen. Es ist mein Ziel, darüber aufzuklären, dass ein RDS nicht nur psychosomatisch bedingt ist. Ich möchte Nicht-Betroffenen erklären, wie sie helfen können und auch, wie man mit all den Schmerzen und alltäglichen Problemen immer noch lachen kann. Ich weiß, es gibt so viele, die noch viel schlimmer dran sind als ich, aber den obligatorischen „imaginären“ Rucksack, den haben wir am Ende alle zu tragen. Nur trägt der eine große Steine und der andere eben nur Kieselsteine. 

Reden hilft

Was rate ich anderen Betroffenen? Reden! Redet über Eure Probleme. Ich weiß, keiner redet gerne darüber, wie oft er am Tag auf die Toilette muss und warum er mal wieder nicht mit ins Kino kann, oder warum man schon wieder nichts isst, obwohl man doch zum Essen verabredet war. Redet über Euren Reizdarm, sagt was ihr Euch zutraut und was nicht, redet offen über Schmerzen und ja auch über Euren Stuhlgang. Wer nicht zuhören will, kann weghören. Meine Erfahrung: Bist Du offen, öffnet sich Dein Gegenüber ganz von alleine. 

Meine persönlichen Tipps für RDS-Patienten

  • Gib Dich nicht damit zufrieden, dass Deine Beschwerden psychosomatisch sind. 
  • Suche nach einem Therapeuten, der Dich und Deinen Reizdarm ernst nimmt. 
  • Rede über Deine Probleme. Dann öffnet sich auch Dein Gegenüber. 
  • Versuche durch „RDS-erzwungene“ Einschränkungen in Deinem Leben neue Wege zu Deiner persönlichen Freiheit zu finden.

 

Mai 2023

Katharina, 33 Jahre

„Reden hilft mir“

Ich heiße Katharina, bin 33 Jahre, ledig und nehme aktuell an einer Umschulungsmaßnahme im Bereich Büromanagement teil. Es war für mich sehr schwer, zu akzeptieren, dass es keine Heilung gibt, sondern ich lernen muss, mit meinem Reizdarm zu leben.

2010 begannen meine Probleme: Ich hatte schlimme Durchfälle und Krämpfe, konnte fast nichts mehr essen. In einem Zeitraum von sechs Monaten habe ich 14 kg abgenommen und war damit fast untergewichtig. Zunächst wurde eine langwierige Magen-Darm-Infektion vermutet. Ich war bei vielen verschiedenen Ärzten und es wurden unzählige Untersuchungen durchgeführt. Es hieß immer, es sei alles in Ordnung, so dass ich sehr lange keine Diagnose bekam. Nachdem alle nur erdenklichen Untersuchungen ohne Befund waren, sagte dann ein Arzt, dass meine Beschwerden psychosomatisch wären und es ein Reizdarm sein könnte. Daraufhin wurde mir eine psychosomatische Reha empfohlen, die mir leider überhaupt nicht geholfen hat. 

Es ist nicht vorhersehbar, wie mein Tag ablaufen wird

Bei mir treten Durchfall und Verstopfung im Wechsel auf, aber die Durchfall-Phasen sind insgesamt häufiger. Manchmal habe ich so schlimme Krämpfe, dass ich vor Schmerzen schreien muss. Es ist sehr schwer, vorherzusagen, wie ein Tag ablaufen wird. An manchen Tagen habe ich siebenmal Durchfall, sitze manchmal bis zu einer Stunde auf der Toilette. So verpasse ich Termine und es ist schwer, das Haus zu verlassen. Ich traue mich nicht Bus zu fahren, mit dem Auto kann ich da noch eher reagieren. Da meine Beschwerden über Jahre nicht ernst genommen und auch kaum besser wurden, kamen dann noch Depressionen hinzu. 

Ich fand einen Arzt, der mich und meine Beschwerden ernst nimmt 

Es war für mich sehr wichtig, einen Arzt zu finden, der mich ernst nimmt und auch bereit ist, mit mir gemeinsam neue Behandlungsmöglichkeiten auszuprobieren. Ich habe gelernt, selbst die Initiative zu ergreifen und mich über Zeitschriften und das Internet zu informieren. Ich habe Ärzte in meiner Region recherchiert und hatte beim vierten Versuch dann das Glück einen Arzt zu finden, der bereit ist, auch Neues auszuprobieren und mich bei meinen vielen Behandlungsversuchen zu unterstützen. 

Im Laufe der Jahre konnte ich mit Hilfe einer Ernährungsberatung verschiedene Lebensmittel identifizieren, die mir Probleme bereiten. Dazu gehören zum Beispiel scharfe, blähende und fettige Speisen sowie Rohkost. Ich verzichte auf Zwiebeln, Knoblauch und Chili, verwende wenig Pfeffer und bevorzuge das Dünsten oder die Zubereitung im Ofen. Aber auch meine Reaktion auf die Lebensmittel lässt sich nicht immer vorhersagen. An manchen Tagen reagiere ich auch auf Lebensmittel, die ich normalerweise vertrage. Mein Befinden ist außerdem stark von Stress abhängig. An stressigen Tagen treten bei mir häufiger Durchfälle und Krämpfe auf als in ruhigen Phasen.

Ich probiere immer wieder neue Behandlungen aus 

Neben der Ernährungsumstellung verwende ich zu Hause oft eine Wärmflasche oder ein Wärmekissen. Wärme hilft mir sehr gut gegen Schmerzen. Außerdem habe ich schon viele Medikamente ausprobiert. Bei Verstopfung hat mir ein Medikament geholfen, dass die Darmbewegung fördert. Auch mit krampflindernden Arzneimitteln habe ich gute Erfahrungen gemacht. Ein Medizinprodukt mit Bakterien für Reizdarm hat mir leider gar nicht geholfen. Für Notfälle habe ich immer „Durchfallstopper“ in der Handtasche, die dann zum Einsatz kommen, wenn ich unterwegs einfach nicht zur Toilette kann. Zum Glück klappt das einigermaßen, so dass ich bisher noch nicht auf Windeln zurückgreifen musste. Ich gebe nie auf, sondern probiere immer wieder Neues aus. Aktuell versuche ich ein Arzneimittel mit mehreren Pflanzen, auch wenn ich es selbst bezahlen muss. Wenn es helfen würde, wäre es mir das wert. 

Reden hilft, unangenehme Situationen zu vermeiden

Vor allem, wenn ich unterwegs bin, gibt es immer viele unangenehme Situationen. Ich komme nicht von der Toilette, andere klopfen an die Tür. Es ist peinlich und führt zu Gerüchten, wenn man eingeladen ist und dann für 45 Min. auf der Toilette verschwindet.  Am Anfang habe ich meinen Reizdarm verschwiegen, mittlerweile habe ich gelernt, darüber zu reden. Mein Umfeld reagiert sehr verständnisvoll und für mich erleichtert es vieles, z.B. die häufigen und langen Toilettenbesuche. 

Endlich wurde mein Schwerbehinderten-Ausweis genehmigt

Da ich wegen meiner Symptome lange Zeit arbeitsunfähig war, habe ich darüber nachgedacht, einen Schwerbehinderten-Ausweis zu beantragen. Ich hatte zunächst Angst, dass mir dadurch vor allem in der freien Wirtschaft Nachteile entstehen könnten. Unterstützt von meinem Psychotherapeuten habe ich mich dann aber doch dafür entschieden. Bis zur Bewilligung war es ein langer Weg. Die ersten beiden Anträge wurden abgelehnt, auch meine Widersprüche. Mit der Unterstützung eines Anwaltes wurde der 3. Antrag dann genehmigt. Für mich ist das eine Art Bescheinigung dafür, dass ich mir meine Symptome nicht einbilde, sondern ich damit einen Beweis dafür habe, dass ich ernsthaft erkrankt bin

Mit meinem Reizdarm konnte ich nicht einfach kurz pausieren und nach der Krankheit weitermachen wie vorher. Diese Erfahrung war für mich ein sehr langer und schmerzhafter Prozess. Außerdem war und ist es für mich ein Problem, dass sich niemand außer mir für meine Krankheit und meine Beschwerden wirklich verantwortlich fühlt. Ich fände es toll, wenn es eine Beratungsstelle/Hotline für Reizdarm-Patienten gäbe, wo man sich über die vielen Behandlungsmöglichkeiten informieren kann. Denn es gibt nur wenige Ärzte, die sich gut damit auskennen und es ist ein sehr langer und beschwerlicher Weg, alle Informationen selbst zu recherchieren. 

Ich werde auch weiterhin neue Behandlungen ausprobieren und habe aktuell die Hoffnung, dass ich nach meiner Umschulung eine Bürotätigkeit finde, die ich vorwiegend im Homeoffice ausführen kann – die also zu meiner Krankheit passt.

Meine persönlichen Tipps für RDS-Patienten

  • Werde selbst aktiv, informier Dich und prüfe, ob wirklich alle nötigen Untersuchungen durchgeführt wurden. 
  • Die Suche nach dem richtigen Arzt ist aufwändig, aber lohnt sich. 
  • Eine Ernährungsberatung ist sinnvoll, um kritische Lebensmittel zu identifizieren.
  • Gib nicht auf, probiere immer wieder neue Behandlungen aus und nimm Kontakt auf zu anderen Betroffenen. 
  • Überlege, ob für Dich ein Schwerbehinderten-Ausweis sinnvoll ist. Er beweist, dass man mit RDS an einer ernsten Erkrankung leidet.

Juni 2023

Michaela, 50 Jahre

„Mein persönlicher Therapieplan erleichtert mir den Reizdarm-Alltag“

Mein Name ist Michaela, ich bin 50 Jahre alt, verheiratet und habe 2 erwachsene Kinder.  Im Februar 2013 wurde mir meine Gallenblase entfernt. Zwei Wochen darauf begann das mit dem Durchfall, begleitet von weiteren Beschwerden wie Übelkeit und Bauchkrämpfen.

Das Arbeiten ohne Toilette in der Nähe war sehr belastend 

Ich arbeitete damals in einer Bäckerei und verkaufte Backwaren in einem mobilen Verkaufsauto, d.h. ich hatte keine Toilette, wenn es eilte. Da ich vor der Operation keinerlei Probleme mit der Verdauung hatte, war diese neue unangenehme Situation für mich sehr belastend. Ich versuchte das Problem in den Griff zu bekommen, indem ich am Vorabend und morgens nichts aß. Manchmal konnte ich vormittags sogar eine Brezel essen und der Darm blieb ruhig, aber das war sehr selten. Es war ein ständiges "Reinhören" in den Darm, ob das Essen drinbleibt oder nicht. Und dann war da immer diese Angst, plötzlich zur Toilette zu müssen und keine zu finden. Autofahrten, Einkaufen, Essen gehen, Unternehmungen mit Familie oder Freunden waren fast nicht mehr möglich.

Man sagte mir: „Sie müssen mit ihrem Reizdarm leben“ 

Bei einer Darmspiegelung erfuhr ich dann, dass ich einen Reizdarm habe und versuchen muss, damit zu leben. Also probierte ich, mich damit abzufinden - aber die Angst und Panik vor alltäglichen Situationen blieb bestehen. Von den Ärzten fühlte ich mich nicht ernst genommen. Es gab keine Behandlungsempfehlung, sondern hieß lediglich, es sei alles Kopfsache. Ich probierte selbst viele freiverkäufliche Reizdarm-Medikamente aus der Apotheke, ging zum Heilpraktiker, aber nichts half mir wirklich weiter. 2018, nachdem ich so nicht mehr weitermachen konnte und wollte, erfolgte ein Untersuchungsmarathon mit CT, MRT, Darmspiegelungen, Laparoskopie und einiges mehr. Unterstützung erfuhr ich in dieser Zeit durch meinen Hausarzt und natürlich meine Familie. Nachdem andere Erkrankungen ausgeschlossen werden konnten und es beim Reizdarm blieb, beantragte ich eine Reha in einer Darmklinik in Bad Brückenau. Dieser Aufenthalt war für mich sehr wertvoll. Ich lernte viele Behandlungsmöglichkeiten kennen und konnte mich mit anderen Patienten austauschen. 

Mein persönlicher Therapieplan gegen Reizdarmbeschwerden

Ich erstellte mir nach und nach meinen persönlichen Therapieplan, der eine "gesunde Mischung" aus allem enthielt, was mir persönlich hilft. Dazu gehören Bewegung, Entspannung, eine angepasste Ernährung, Osteopathie, Naturheilkunde und vor allem „darüber reden“. Ich habe für mich das Joggen entdeckt (im Wald wegen der vielen Büsche) und mache Yoga sowie progressive Muskelentspannung. Beim Yoga verzichte ich auf die tiefen Atemübungen zu Beginn, da hierbei auch mein Darm „wach“ wird. Auch Spazierengehen und Gartenarbeit gehören zu meinen persönlichen Entspannungsmethoden. Ich habe außerdem die Low-FODMAP-Diät gemacht und verzichte seither auf Lebensmittel, die mir nicht gut bekommen. Ich habe für mich entdeckt, dass ich glutenfreie Backwaren und fettarme Kost besser vertrage. Im Urlaub esse ich gelegentlich auch Babygläschen, die für meinen Darm leichter bekömmlich sind. Aber ich gönne mir auch ab und zu ganz normale Mahlzeiten – natürlich nicht, wenn ich etwas vorhabe. Mein Tipp: Morgens nicht frühstücken, wenn man direkt etwas vorhat, sondern erst dann essen, wenn man angekommen ist und eine Toilette in der Nähe hat. Natürlich nehme ich auch Medikamente ein, aber das sind meistens Flohsamenschalen, Heilerde und bei Bedarf Durchfallstopper. Auch bittere Tees und Wasser mit Minze tun mir gut. Von diesem Gesamtpaket profitiere ich immer noch.

Um mobil zu sein, haben wir unseren VW-Bus mit einer Campingtoilette ausgestattet. Somit sind die Autofahrten viel entspannter. Der Reizdarm besteht nach wir vor, Bauchschmerzen, Übelkeit, Bauchkrämpfe und Durchfall sind geblieben, aber ich habe gelernt damit umzugehen.

Meine persönlichen Tipps für RDS-Patienten

  • Versuche, den Reizdarm als Teil Deines Lebens zu akzeptieren.
  • Ein Aufenthalt in einer Darmklinik kann sehr hilfreich sein.
  • Finde Deine persönliche Kombination an Maßnahmen, die Dir am besten hilft.
  • Eine Campingtoilette im Auto kann die Fahrt entstressen.
  • Vielleicht ist das Auslassen des Frühstücks hilfreich, wenn Du anschließend etwas vorhast.
  • Probiere Ernährungsalternativen wie die Low-FODMAP-Diät oder Babygläschen aus.


Juni 2023

Reizdarm-Patientin, 51 Jahre

„Die große Wende brachte für mich eine Online-Veranstaltung der Deutschen Reizdarmselbsthilfe e.V.“

Ich bin 51 Jahre alt und seit 15 Jahren glücklich verheiratet. Es hat viele Jahre gedauert, bis ich die Ursache meiner Beschwerden kannte und sie entsprechend behandelt werden konnten. Daher mein Tipp an alle Betroffenen: Gebt die Hoffnung nie auf, informiert Euch immer wieder neu und sucht nach geeigneten Therapeuten.

Schon immer war mein Darm sehr empfindlich

Schon immer war der Darm mein empfindlichstes Organ. Ich bin ein sehr sensibler Mensch, Ärger oder Sorgen sind mir schon als Kind schnell auf den Magen geschlagen – auch konnte ich mit Stress noch nie gut umgehen. Ich litt bereits als Kind oft an Verstopfung. Im Alter von 14 Jahren beschloss ich, Vegetarierin zu werden. Ich war sehr wählerisch und habe mich oft sehr einseitig ernährt mit vielen Kohlenhydraten, wenig gesundem Obst und Gemüse und viel ungesunden Süßigkeiten. Mit Mitte zwanzig bekam ich regelmäßig Migräneanfälle, fror häufiger, hatte weniger Energie, war nicht mehr so belastbar und sehr dünnhäutig. Auch meine Bauchschmerzen und die Übelkeit wurden häufiger und heftiger, obwohl ich mich zwischenzeitlich bewusster ernährte, z.B. mehr Vollkornbrot mit gesunden Brotaufstrichen aß und nur noch wenig Süßes zu mir nahm. Ich wurde anfälliger für Infekte, bekam öfter auch Antibiotika verschrieben. 2004 hatte ich eine heftige Bauchfellent-zündung, die erst sehr spät erkannt wurde und ebenfalls mit einer längeren Antibiotika-therapie einherging. Dies setzte meinem Darm sehr zu und ich kämpfte ein Jahr lang mit einem Darmpilz

Die erste Eskalation kam dann 2015

Bis zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich noch nicht als Reizdarmpatientin, lediglich als jemand, der einfach Verdauungsbeschwerden hat. Dies änderte sich schlagartig Ende 2015. Nach dem Verzehr einer größeren Menge Topinambur hatte ich Kolik-artige Schmerzen, die etwa 24 Stunden anhielten. Ich bekam daraufhin einen Migräneanfall mit starker Übelkeit und konnte tagelang nichts mehr essen. In den folgenden Tagen und Wochen hatte ich, egal was ich aß, einige Stunden danach starke krampfartige Schmerzen. Ich wusste nicht mehr, was ich zu mir nehmen konnte. Ich hatte das Gefühl, mein Darm reagiert auf jede Nahrung gereizt, mal mehr mal weniger. Ich vertrug keinen Magen-Darm-Tee, keinen Zwieback, keine Suppe – nichts was üblicherweise als „Schonkost“ bezeichnet wird. Mir ging es nur gut, wenn ich stundenlang nichts gegessen hatte. 

Meine unzähligen Therapieversuche 

Der Hausarzt konnte nichts feststellen. Ich nahm in kürzester Zeit 4 kg ab. Eine Darmspiegelung ergab lediglich, dass außer Polypen und einem langen verschlungenen Darm alles „OK“ sei. Der Gastroenterologe bestätigte, dass mein Bauch voller Luft sei und meine Schmerzen womöglich nur Blähungen seien. Außer der Einnahme von Abführmittel gegen die Verstopfung und der Einnahme von Flohsamen, konnte er mir keine Empfeh-lung geben und entließ mich damit. Im Bericht des Arztes las ich zum ersten Mal – von einem „Infekt getriggerten Reizdarm“. Wie ich nun weiter damit umging, war mir alleine überlassen. Ich bekam beim Hausarzt pflanzliche Tropfen und diverse Tabletten, aber nichts half so richtig. Ich war verzweifelt und fühlte mich allein gelassen. Ich googelte nach Diäten für Reizdarmbetroffene und fand die sogenannte FODMAP-Diät. Bereits bei der Durchsicht der Lebensmittel konnte ich gleich Parallelen zu meinen Unverträglichkeiten feststellen. Ich kaufte mir dazu Fachliteratur und probierte die Diät aus. Bereits nach wenigen Tagen stellte sich bei mir schon eine Besserung ein. Nach zwei Monaten war ich sogar beschwerdefrei und konnte wieder alles essen. Ich war sehr dankbar für diese Erfahrung und teilte das meinem Gastroenterologen mit, aber er meinte, die Diät sei noch nicht ausreichend erprobt, so dass er sie nicht empfehlen wollte. Das hat mich sehr geärgert, denn mir hätte diese Information sehr geholfen, gerade wenn man so verzweifelt ist.

Rückfall nach 18 Monaten: wieder die alten Beschwerden

Die Beschwerdefreiheit hielt etwa 1,5 Jahre an. Stressbedingt und auch weil eine große berufliche Veränderung meines Mannes einen Neuanfang für uns in einer anderen Stadt bedeutete, stellten sich erneut Unverträglichkeiten ein, begleitet von häufiger Migräne. Trotz FODMAP-armer Ernährung stellte sich keine deutliche Besserung ein. Nach einem Urlaub, in dem ich die FODMAP-Diät nur eingeschränkt durchführen konnte, bekam ich wieder einen heftigen Migräneanfall mit Erbrechen und tagelanger Übelkeit. Erneut suchte ich verzweifelt nach professioneller Hilfe: Aber weder eine auf Darmkrankheiten spezialisierte Hausärztin, noch eine Ernährungsberaterin, noch Heilpraktiker, noch eine spezielle ärztliche Reizdarmsprechstunde einer Universität konnten mir weiterhelfen. Ich probierte Heilhypnose aus, die mir zwar guttat, aber meinem Darm nicht nachhaltig entspannte. Ich begann eine Psychotherapie, musste sie aber nach kurzer Zeit abbrechen, da sie mir nicht half, sondern mich noch mehr stresste. Die verzweifelte Suche nach dem „Warum“, auf das ich keine Antwort hatte, und das Unverständnis einer Therapeutin, die mein Leiden auf psychosomatische Ursachen schob, machten mich regelrecht depressiv

Es belastete mich sehr, an gemeinsamen Essen mit Freunden und Familie nicht mehr teilnehmen zu können. Meine berufliche Tätigkeit hatte ich mittlerweile von Teilzeit auf einen Minijob reduziert. Generell war ich schnell mit allem überfordert, ich konnte mich schlecht konzentrieren, war vergesslich, fühlte mich regelrecht kopflos, war oft übernervös, gereizt, träge, fühlte mich morgens schon antriebslos. Ich ging abends mit Schmerzen ins Bett und wachte morgens mit Schmerzen wieder auf – ich empfand mein Leben als Albtraum. Aber ich gab die Hoffnung nie auf, las jeden Tag positive Affirmationen, machte geführte Meditationen mit, keimte Sprossen, stellte selbstgemachten Ziegenjoghurt her und fermentierte selbst mein Gemüse. Ich war stets auf der Suche nach der neuesten Information, bestellte mir Bücher, recherchierte im Internet und probierte auch viele Nahrungsergänzungsmittel sowie Probiotika aus. Man klammert sich im Grunde an jeden Strohhalm und fällt auf jedes Werbeversprechen herein. Ich fühlte mich, als ob ich permanent auf einem Minenfeld laufe. Eine falsche Menge eines Lebensmittels und mir war tagelang übel.

Ein Online-Vortrag brachte die Wende

Die große Wende kam dann für mich im April 2022. Im Herbst 2021 erfuhr ich bei einer Online-Veranstaltung der Deutschen Reizdarmhilfe e.V. von einer Klinik in Bamberg, an der Reizdarm ganzheitlich, auch mit naturheilkundlichen Mitteln behandelt wird und dass die Krankenkassen einen dortigen Aufenthalt bezahlen. Ich fühlte, dass dies genau der Ansatz war, den ich immer gesucht hatte, und meldete mich zeitnah in der Klinik an. Nach der anfänglichen Anamnese durch einen Arzt, eine Ernährungs- und eine Ordnungstherapeutin wurde für mich eine individuelle 2-wöchige Therapie ausgearbeitet. Als großes Glück erwies sich, dass die Klinik über ein neues Diagnose-Verfahren, die konfokale Laserendomikroskopie, verfügte. Dadurch konnte festgestellt werden, dass ich eine durchlässige Darmbarriere (Leaky Gut) hatte, was bei der Therapie entsprechend berücksichtigt wurde. 

Zur Linderung der Symptomatik nahm ich Heilerde, Flohsamen, ein myrrhehaltiges Arzneimittel, das bei Durchfall, Krämpfen und Blähungen eingesetzt werden kann, trank Kräutertees und führte verschiedene naturheilkundliche Anwendungen wie Kümmel-Leibauflagen/Wickel durch. Im Rahmen der Ordnungstherapie / Mind-Body-Medizin zur Verbesserung meiner Stressbewältigung wurde ich in Entspannungsverfahren und Achtsamkeit geschult.Außerdem bekam ich wie alle anderen Patienten mediterrane, vegetarische Vollwertkost. Man zeigte sich zuversichtlich, dass sich die gestörte Darmbarriere, die wohlmöglich der Grund für meine Reizdarmbeschwerden war, sich nach vier Monaten bessern würde. Zu Hause nahm ich weiter meine Medikamente, ernährte mich bewusst und führte die verschiedenen Methoden zur Stressbewältigung durch, die ich in der Klinik erlernt hatte. Viele Wochen später ging es mir deutlich besser und meine Schmerzen ließen nach. Bei einem Termin in der Klinik nach sechs Monaten erfuhr ich, dass meine Darmbarrierewieder intakt sei. 

Meine aktuelle Situation

Aktuell bin ich weitestgehend beschwerdefrei. Es liegt nun an mir selbst, diesen Zustand zu erhalten. Ich habe bereits gemerkt, dass mein Darm nie wieder so sein wird, wie er früher einmal war. Ich kann nicht mehr wahllos essen und trinken, was ich möchte. Ich muss weiterhin täglich daran arbeiten, dass meine Work-Life-Balance in Takt bleibt. Ich würde mir wünschen, dass es mehr einfühlsame Therapeuten gibt, die dem Patienten richtig zuhören, ihn auf Augenhöhe behandeln und gemeinsam mit ihm eine maßgeschneiderte Behandlung entwickeln. Das habe ich zum ersten Mal nach all den Jahren in der Integrativen Klinik in Bamberg erfahren.

Meine persönlichen Tipps für RDS-Patienten

  • Gib nicht auf, informiere Dich immer wieder neu und suche so lange, bis Du einen geeigneten Therapeuten gefunden hast.
  • Probiere die FODMAP-Diät aus (in Abstimmung mit Deinem Therapeuten).
  • Nutze die Informationsangebote der Deutschen Reizdarmselbsthilfe e.V..
  • Frage Deinen Arzt nach der konfokalen Laserendomikroskopie, um zu untersuchen, ob Deine Darmbarriere durchlässig ist. 

 

Mai 2023

Reizdarm-Patientin, 56 Jahre

„Endlich: Nach 45 Jahren Beschwerden wurde die Diagnose Reizdarm gestellt“

Ich bin 56 Jahre alt, verheiratet, habe 2 erwachsene Kinder und arbeite als Lohn- und Finanzbuchhalterin.

Erst mit 50 Jahren wurde die Diagnose Reizdarm gestellt

Schon seit meiner Kindheit leide ich unter Durchfall und Krämpfen, begleitet von weiteren Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen. Manchmal muss ich mehr als zehnmal am Tag auf die Toilette. Mit 20 Jahren – nach meiner Blinddarm-OP – waren meine Beschwerden besonders schlimm. Ich habe mich durchgequält, helfen konnte mir niemand. Meine Eltern wollten das ignorieren: „So etwas durfte es nicht geben.“ Als ich älter wurde, habe ich meine Beschwerden immer wieder bei Arztbesuchen angesprochen, aber die Aussage war meist: „Ich kann Ihnen nicht helfen.“ Mit 50 Jahren bekam ich die Diagnose Gebärmutterkrebs, der schon sehr weit fortgeschritten war. Seit der Krebsoperation leide ich sehr stark unter Darmkrämpfen und abends ist mir oft übel. Es gibt nur wenige Lebensmittel, die ich überhaupt noch essen kann. Mein Hausarzt schickte mich daraufhin zur Reha. Dort wurde dann erstmals die Diagnose Reizdarm gestellt. 

Immer wieder bin ich auf der Suche nach Informationen und Lösungen. Die Reizdarm-Diagnose hilft mir jetzt natürlich dabei, hier etwas weiterzukommen. Ich informiere mich im Internet und habe auch nicht aufgegeben, immer wieder Ärzte zu befragen. Aber erst seit meiner „offiziellen Diagnose“ in der Reha werde ich wirklich ernst genommen. 

Entspannungsmethoden sind für mich sehr wichtig

Ich habe viele verschiedene Medikamente (Durchfallstopper, krampflösende Mittel, Baldrian, Paracetamol) ausprobiert. Manche haben mir für kurze Zeit geholfen, aber nach einiger Zeit hatte ich dann doch wieder Verdauungsbeschwerden – teilweise stärker als vorher. Die Durchfallstopper zum Beispiel haben meinen Darm komplett lahmgelegt. Generell sind für mich sind Entspannungsmethoden wichtiger als Medikamente. Ich musste lernen herauszufinden, was mir selbst guttut. Und ich muss mich immer wieder aufs Neue ermahnen, mir Zeit für mich selbst zu nehmen und meinen Stress zu reduzieren. Atemübungen helfen mir grundsätzlich beim Entspannen. Problematisch sind für mich jedoch Atemübungen in den unteren Bauchraum, da diese meine Bauchschmerzen eher verstärken. Jeder Mensch ist anders und daher bringen einen vor allem beim Reizdarm pauschale Empfehlungen oft nicht weiter. 

Mir persönlich hat auch das Führen eines Ernährungstagebuches sehr geholfen. Ich trage hier nicht nur meine Mahlzeiten, sondern auch Stress, Bewegung und andere Besonderheiten des Tages zusammen mit meinen Beschwerden ein. So bekommt man einen guten Eindruck, was an einem Tag anders war und sich auch auf die Verdauung ausgewirkt haben könnte. Die Aufzeichnungen nehme ich dann auch zum nächsten Arztbesuch mit. 

Ich rede nicht gerne über meinen Reizdarm 

Mit Reizdarm unterwegs sein, muss gut vorbereitet werden. Ich unternehme nie etwas, ohne es vorher genau zu planen. Ich bevorzuge Orte, an denen ich mich auskenne und vermeide das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Mit dem Auto bin ich flexibler, da kann ich mich auch einmal spontan hinlegen, wenn ich starke Krämpfe habe.

Ich rede nicht gerne mit anderen über meinen Reizdarm. Denn dann kommen oftmals allgemeine Ratschläge, mit denen ich nichts anfangen kann. „Dann lass doch die Lebensmittel weg oder versuche es mal mit Tee.“ Das ist sehr frustrierend, weil einem unterstellt wird, dass man das doch „einfach“ in den Griff bekommen kann, wenn man sich etwas Mühe gibt. 

Meine persönlichen Tipps für RDS-Patienten

  • Gibt nicht auf, sondern suche einen Arzt, der Dich ernst nimmt und unterstützt. 
  • Ein Ernährungs- und Beschwerdetagebuch kann hilfreich sein. 
  • Finde heraus, was Dir persönlich guttut. 
  • Lass Dich nicht von Unwissenden verunsichern.

Juni 2023

Katja, 43 Jahre

„Ich habe gelernt, mit meiner Krankheit zu leben.“

Ich heiße Katja, bin 43 Jahre alt, verheiratet, habe keine Kinder und arbeite als Altenpflegerin. 2007 bin ich mit starken Unterbauchschmerzen erstmals zum Arzt gegangen. Im Laufe der Zeit traten die Schmerzen immer häufiger auf. Später kam noch Durchfall hinzu. Auf der Suche nach einer wirksamen Behandlung war ich bei vielen verschiedenen Ärzten und auch einem Heilpraktiker. Es wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, z.B. eine Bauch- und Darmspiegelung sowie Tests auf alle möglichen Intoleranzen. Dabei wurde eine Fruktoseintoleranz festgestellt, die übrigen Untersuchungen waren ohne Befund. 2010 erhielt ich dann von meinem Hausarzt erstmals die Diagnose Reizdarm „Durchfalltyp“.

Mein Hauptproblem ist der Durchfall

Meine Unterbauchschmerzen/Krämpfe sind im Laufe der Jahre besser geworden, mein Hauptproblem ist aktuell der Durchfall. Mindestens dreimal am Tag muss ich plötzlich explosionsartig zur Toilette, in schlimmen Zeiten bis zu 15-mal am Tag. Oft treten die Durchfälle nach den Mahlzeiten auf, häufig auch frühmorgens oder in der Nacht.  Dadurch wird mein Alltag stark beeinträchtigt. Die Durchfälle schwächen meinen Körper, führen zu Gewichtsverlust und auch gelegentlich zu Kreislaufproblemen. Es gab Phasen, da habe ich nur noch 39 kg (bei 163 cm) gewogen. Die nicht planbaren Toilettenbesuche sind auch der Grund dafür, dass ich mich mehr und mehr zurückgezogen habe. Da ich in den Nachtschichten deutlich mehr Symptome hatte, arbeite ich seit einiger Zeit nur noch in Tagschichten. 

Ich habe viele verschiedene Medikamente ausprobiert, anfangs wurden meine Symptome dadurch manchmal besser, aber nach einigen Monaten war alles wie vorher. Medikamente mit Zuckeraustauschstoffen oder Gelatine haben meine Beschwerden sogar noch verschlimmert. Außerdem habe ich meine Ernährung umgestellt, da ich ja zusätzlich noch eine Fruktoseintoleranz habe. Frittierte Lebensmittel, Wein, viele Obst- und Gemüsesorten bereiten mir Probleme. Grundsätzlich vertrag ich Gemüse besser, wenn ich es dünste. 

Akupunktur und Yoga helfen mir

Bei einem Aufenthalt in einer TCM-Klinik (als Selbstzahler) habe ich Akupunktur und Osteopathie kennengelernt, die mir deutlich geholfen haben. Aber leider werden die Kosten nicht von der Krankenkasse übernommen, so dass ich das nicht dauerhaft weiterführen konnte. Ein bis zweimal im Jahr mache ich eine Darmkur mit Probiotika, Heilerde und Flohsamen oder Leinsamen. Heilerde hilft mir auch in Phasen, in denen die Durchfälle besonders schlimm sind. Gegen Stress mache ich regelmäßig Yoga, außerdem meditiere ich täglich 10 Minuten. Grundsätzlich bin ich offen für alles und probiere immer wieder neue Behandlungsmöglichkeiten aus, wenn ich davon höre. 

Meine Familie und mein Freundeskreis wissen Bescheid und haben Verständnis für meine Probleme. So lassen in diesen Kreisen unangenehme Situationen vermeiden. 
Ich reise sehr gerne, dabei beeinträchtigt mich mein Reizdarm sehr. Ich verzichte aber trotzdem nicht darauf, sondern habe gelernt, mit meiner Krankheit umzugehen. Bei längeren Fahrten habe ich immer Durchfallstopper dabei und esse vorher möglichst nichts oder nur sehr wenig, um plötzliche Toilettengänge zu vermeiden. 

Es wäre schön, wenn es in der Zukunft eine Therapie geben würde, mit der ich meine Beschwerden noch besser in den Griff bekommen könnte. 

    Meine persönlichen Tipps für RDS-Patienten

    • Finde Deine persönlichen Methoden, um zur Ruhe zu kommen und Stress abzubauen.
    • Bleib´dran, probiere immer mal wieder neue Arzneimittel und Behandlungsmaßnahmen aus. Es kann sein, dass Therapien, die früher wirkungslos waren, ein paar Jahre später helfen.
    • Rede mit den Menschen in Deinem Umfeld über Deine Diagnose, damit auch sie lernen, damit umzugehen.
    • Verliere nie den Mut, es kommen auch immer wieder bessere Phasen.

    Juni 2023

    Sieglinde, 68 Jahre

    „Mein Heilpraktiker diagnostizierte ein Leaky-Gut-Syndrom“

    Ich heiße Sieglinde, bin 68 Jahre, pensionierte Lehrerin mit Mann und wenig Kontakt zur einzigen Tochter.

    2 Jahre vor der Passivphase der Altersteilzeit (also vor 9 Jahren) bekam ich heftige Bauchkrämpfe und Übelkeit, besonders am Morgen und wusste nicht mehr, wie ich den Schultag bewältigen sollte. Eine Magen- / Darmspiegelung sowie eine Sonografie waren ohne Befund. Auch ein Ernährungstagebuch und Tests auf Unverträglichkeiten  ergaben keine Auffälligkeiten. Die Diagnose meines Hausarztes lautete Reizdarmsyndrom, Blähtyp. Zunächst war ich erleichtert, dass es kein Krebs war. Ich wusste ja damals noch nicht, wie sich die Beschwerden langfristig auf mein Leben auswirken würden. Meine Befindlichkeit war geprägt von verspanntem Bauch, Blähungen und Unwohlsein, Müdigkeit und verlorener Lebensfreude. 

    Pflanzliche Arzneimittel und Probiotika brachten etwas Linderung

    In der nächsten Zeit probierte ich viele verschieden Therapien aus. Flohsamen und Milchzucker halfen nicht. Eine Pflanzenarznei für Magen-Darm-Beschwerden und Magen-Darm-Kräutertropfen brachten etwas Erleichterung. Verschiedene Probiotika verschafften mir nur für kurze Zeit eine Linderung. Wegen meiner depressiven Verstimmungen verschrieb mir mein Arzt schließlich als letzten Ausweg ein Anti-Depressivum. Mit diesem Medikament überstand ich die letzten zwei Dienstjahre ganz gut. 

    Danach konsultierte ich eine homöopathisch tätige Ärztin. Sie empfahl mir verschiedene Globuli, eine Fußreflexzonenmassage, Atemtherapie und Osteopathie. Die Globuli und die Massage zeigten wenig Wirkung, aber die Atemübungen führe ich immer noch regelmäßig durch und auch zur Osteopathie gehen ich nach wie vor. 

    Mein Partner und meine Ärzte unterstützten mich

    Nach dem Absetzen des Anti-Depressivums stellte sich erneut eine depressive Grundstimmung ein. Außerdem hatte ich Angst, normale Alltagsdinge nicht zu schaffen. Ich konnte mich nicht mehr auf meinen Körper verlassen, oft fühlte ich mich so aufgebläht und unwohl, dass mir jede Aktivität zu viel wurde. Ich habe mich oft durch die Tage geschoben und funktioniert, aber die frühere Lebensfreude und Abenteuerlust waren verflogen. 

    Mein Hausarzt verschrieb mir ein krampflösendes Mittel und schließlich in niedriger Dosierung ein Neuroleptikum. Beides hatte einen guten Effekt und ich konnte damit die Bauchprobleme über längere Zeit meistern. Hypnose half mir dabei, meine Ängste ein Stück weit in den Griff zu bekommen. Diese kleinen Hoffnungsschimmer machten mir immer wieder Mut. Zum Glück konnte ich mit meinem Partner immer über alles reden und fand viel Unterstützung, ebenso bei meinen behandelnden Ärzten. 

    Nach der Behandlung meines durchlässigen Darms normalisierte sich alles

    Immer noch auf der Suche nach neuen Therapien ging ich vor 1 1/2 Jahren zu einem Heilpraktiker. Umfangreiche Labortests wiesen auf einen durchlässigen Darm, das sog. Leaky-Gut-Syndrom hin. Das gab mir wieder neue Hoffnung, endlich war eine Ursache gefunden, die behandelt werden konnte. Mit verschiedenen naturheilkundlichen Medikamenten wurde die durchlässige Darmschleimhaut saniert und die Darmbarriere insgesamt wieder stabilisiert und regeneriert. Das bestätigte auch eine 2. Laboruntersuchung. Ich fühlte mich über ein Jahr richtig gut und konnte meinen Alltag wieder normal bestreiten. 

    Ein herber Rückschlag nach einer Antibiotika-Therapie

    Aufgrund einer anderen Erkrankung musste ich ein Jahr später Antibiotika einnehmen und danach begann leider alles von vorn. Meine Reizdarm-Beschwerden traten erneut auf. Mehrere Kuren mit Probiotika verpufften nach kurzer Zeit. Zurzeit nehme ich Johanniskraut zur Stimmungsaufhellung und situativ verschiedene krampflösende und entblähende Mittel. Ernährungstechnisch vermeide ich alles, was bläht, esse wenig Obst und Vollkornprodukte und trinke einen selbst zusammengestellten Gewürztee mit Süssholzwurzel. Durch Hunger bekomme ich Krämpfe, die dann stundenlang anhalten, daher esse ich regelmäßig kleine Portionen. Ich bewege mich sehr viel, was auch meiner Stimmung guttut. Ich wandere, walke, fahre Rad, schwimme und gehe in die Sauna. Zwischendurch lege ich mich hin, das mag mein Bauch. 

    Ich bin immer leidenschaftlich gerne gereist und tue das auch weiterhin, trotz Reizdarm. Aber ich suche dabei etwas mehr Komfort als früher, da ich ja seit der Diagnose auch um einiges älter geworden bin. Ich versuche nach wie vor, das Beste aus meinem Leben zu machen und die guten Tage zu genießen

    Meine persönlichen Tipps für RDS-Patienten

    • Freue Dich auch über kleine Erfolgserlebnisse und gib die Hoffnung auf Besserung nie auf.
    • Mache Dir in schlechten Zeiten bewusst, dass auch immer wieder gute Phasen kommen.
    • Die Behandlung meines durchlässigen Darms, Leaky Gut, hat mir zu einer beschwerdefreien Zeit verholfen.
    • Lenke Dich ab und denke nicht immer nur über Deinen Reizdarm nach. Sei aktiv, beschäftige Dich mit angenehmen Dingen und verkrieche Dich nicht zu Hause.

    September 2023

    Reizdarm-Patientin, 71 Jahre

    „Nach der Diagnose Leaky-Gut ging es aufwärts“

    Ich bin 71 Jahre alt und geschieden, lange Jahre alleinerziehend und seit 2017 im Ruhestand. Früher war ich Grundschullehrerin. 
    In meiner Kindheit und Jugend hatte ich häufig mit schöner Regelmäßigkeit und sich einander abwechselnd eitrige Mandelentzündungen, Abszesse im Hals und Mittelohrentzündungen. Wie in den 50ern und 60ern üblich, erhielt ich Penicillin in hohen Dosen. Mit 18 Jahren konnten die Störenfriede dann endlich entfernt werden und ich hatte Ruhe.

    Alles schlug mir auf den Magen

    Wenn ich in den Jahren danach krank war, dann mit Magen-Darm-Infekten. Litt irgendjemand in meinem Umfeld daran, dann konnte ich an den Fingern abzählen, wann es mich erwischen würde. Leider immer auch recht heftig mit Fieber.
    Überhaupt war ich der „Magentyp“, „alles schlug mir auf den Magen“. Mancher Urlaub wurde dadurch gecrasht und auch bei Stress reagierte ich mit Magenschmerzen und oft auch Durchfall. Im Laufe der Jahre wurde es immer schlechter, verschiedene Magen- und Darmspiegelungen waren ohne Befund.

    2016 wurde eine geschädigte Darmflora festgestellt

    2016 bekam ich im Urlaub schlimme Durchfälle. Der Arzt, den ich aufsuchte, meinte, es sei ein Magen-Darm-Infekt und behandelte mich dementsprechend. Die Medikamente halfen aber nicht und nach ein paar Tagen brach ich den Urlaub ab. Sozusagen auf der letzten Rille rettete ich mich nach Hause und ging zu meinem Hausarzt. Er hatte den Verdacht auf Clostridien, was der Stuhltest auch bestätigte, und ich musste hochdosiert Antibiotika nehmen. Die Clostridien waren irgendwann verschwunden, aber die Beschwerden waren immer noch da: Ein alternativ arbeitender Arzt stellte fest, dass meine Darmflora geschädigt war. Nach Akupunktur und Eigenstuhlbehandlung ging es mir langsam wieder besser.

    Ein Jahr später kamen Schilddrüsen-Probleme hinzu

    2017 ging ich in den Ruhestand und dachte, jetzt bist du den Schulstress los. Aber gesundheitlich ging es mir nicht besser. Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Übelkeit, Durchfälle, Magenbeschwerden. Beim Gesundheitscheck beim Hausarzt stellte man fest, dass mein Parathormon viel zu hoch war. Nach einem Ärztemarathon mit verschiedenen Untersuchungen und Medikamenten wurde dann endlich nach fast zwei Jahren eine Überfunktion der Nebenschilddrüse festgestellt und ein Knoten in der Schilddrüse entfernt. Die Werte normalisierten sich, aber wirklich besser ging es mir nicht. Ich muss dazu sagen, dass ich mich leider in den Zeiten, in denen es mir gut ging, auch nicht gesund ernährte. Ich war und bin leider immer noch ein Süßigkeitenjunkie.

    Ein neuer Tiefpunkt führte zur Feststellung einer durchlässigen Darmbarriere

    Im September 2021 dann der Tiefpunkt: Auf meiner Reise in den Norden übernachtete ich in der Nähe von Lüneburg. Abends war mir sehr übel, ich hatte Durchfall, Schwindel, mir ging´s richtig mies. Ich weiß noch, dass ich die ganze Nacht sitzend im Bett verbracht habe, weil ich mich nicht hinlegen konnte. In den nächsten vierzehn Tagen Urlaub habe ich mich von Tee, Zwieback, trockenem Brötchen und Rührei ernährt. Wieder zurück wusste ich so langsam nicht mehr, was ich überhaupt noch essen sollte. Ich kam kaum noch von der Toilette und folgte der Arztempfehlung einer Freundin. Er veranlasste u.a. eine große Stuhluntersuchung, die ergab, dass ich eine durchlässige Darmbarriere habe (Leaky-Gut-Syndrom). Endlich ein Beweis dafür, dass nicht alles nur mit meinem Kopf zusammenhing, was ich mir in all den Jahren immer wieder anhören musste. Hier kam jetzt auch erstmals der Begriff Reizdarm ins Spiel. Eine echte Ausschluss-Diagnose, so wie ich es im Internet gelesen habe, ist allerdings zu keinem Zeitpunkt erfolgt, sondern meine Beschwerden wurden immer eher als psychosomatisch abgetan.

    Mit der richtigen Behandlung ging es endlich aufwärts

    Mittlerweile zeigte die Waage auch immer mehr nach unten, letztendlich habe ich in der Zeit 18 kg abgenommen. Aber dann begann es langsam aufwärtszugehen. Zweimal in der Woche Akupunktur, langsamer Aufbau der Darmflora durch Medikamente und die LOW-FODMAP-Diät. Das Weglassen verschiedener Lebensmittel hat unter anderem gezeigt, dass ich Gluten und Laktose nicht vertrage. Ich war richtig glücklich, dass ich durch die Diät nun endlich wusste, was ich essen konnte. Es war natürlich mit einer riesigen Umstellung verbunden, aber es hat sich gelohnt, weil sich langsam aber sicher ein Erfolg einstellte.

    Heute esse ich immer noch Gluten- und Laktosefrei, verzichte auf Hülsenfrüchte, Zwiebeln und Knoblauch, meide Fertiggerichte und gehe nur selten essen. Ich nehme weiterhin Medikamente für die Darmflora und mit diesen Maßnahmen geht es mir meistens gut. Ich reise immer noch gerne, bin dabei aber stets gut vorbereitet: Ich bevorzuge Ferienwohnungen, versorge mich selbst und habe einen Grundbestand an „meinen Lebensmitteln“ dabei.  Sünden werden auch heute noch gleich bestraft, aber ich weiß damit umzugehen. Ich kann nur hoffen, dass es so bleibt.

    Meine persönlichen Tipps für RDS-Patienten

    • Bleibe immer am Ball und lasse Sich nicht unterkriegen. 
    • Test selbst aus, was gut für Dich ist und was nicht.
    • Die LOW-FODMAP-Diät hat mir sehr geholfen. 
    • Der Austausch mit anderen Betroffenen kann helfen. 

    Oktober 2023

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